Radio-Sondierung der Sonnenkorona

Je nach Konstellation der Planeten Mars, Venus und Erde durchläuft das Radiosignal die sogenannte Sonnenkorona. Auch während des freien Flugs der Raumsonde Rosetta kam es zu mehreren solcher Konstellationen. Die Korona kann als eine Art Atmosphäre der Sonne gesehen werden. Das heiße und besonders Turbulente Plasma in der Sonnenkorona hat einen starken, störenden Einfluss auf die zwischen Erde und Raumsonde gesendeten Radiosignale. Daher ist es in während dieser Perioden nicht möglich die üblichen Radio-Science-Experimente durchzuführen (Okkultationen, Schwerefeldmessungen, Bistatisches Radar, etc.). Also werden diese Zeiträume genutzt um die großskalige Struktur der Korona, aber auch kurzfristige Ereignisse wie koronale Massenausbrüche, zu untersuchen.

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Abbildung 1: Diese Aufnahme des Koronagraphen LASCO zeigt die Korona, die durch verdecken der Sonne durch eine Scheibe sichtbar wird. Je heller die Farbe im Bild, desto dichter ist das Koronaplasma. Über das Bild gelegt ist die scheinbare Position der Raumsonde Rosetta im Jahr 2006 während ihrer oberen Konjunktion zu sehn. Der helle Bereich am unteren, rechten Rand der Sonnenscheibe zeigt das dichte und sich explosionsartig ausbreitende Plasma eines koronalen Massenauswurfs.

Diese Messungen werden im sogenannten Zwei-Weg-Modus durchgeführt. Dabei wird zunächst ein Signal von der Bodenstation zur Raumsonde gesendet. Dieses Signal wird dann in der Raumsonde in zwei Signale mit unterschiedlicher Frequenz (X- und S-Band) umgesetzt und dann zur Erde zurückgeschickt. Radiosignale unterschiedlicher Frequenz werden durch die Sonnenkorona unterschiedlich beeinflusst.

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Abbildung 2: Konfiguration des Radio-Science-Experiments bei einer Messung während der Sonnenkonjunktion. Eine Bodenstation auf der Erde sendet ein Signal im X-Band zur Raumsonde (Uplink). In der Raumsonde wird dieses Signal zu zwei Signalen im S- und X-Band umgewandelt und zurück gesendet (Downlink).

Zum einen lässt sich so die Änderung des Elektroneninhalts entlang des Radiostrahls bestimmen. Dabei wird ausgenutzt, dass solche Änderungen dazu führen, dass sich die Frequenz eines Radiosignals leicht verändert. Diese Frequenzverschiebung ist bei den beiden genutzten Signalen im X- und S-Band unterschiedlich. Macht man sich dies zu nutze, kann man also die Änderung des Elektroneninhalts relativ zum Beginn der Messung mit hoher Präzession und zeitlicher Auflösung bestimmen. So können Aussagen über zeitlich kurze Variationen und Strukturen, hervorgerufen etwa durch koronale Massenauswürfe, gemacht werden.

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Abbildung 3: Messung der Änderung des Elektroneninhalts während ein koronaler Massenauswurf den Weg des Radiosignals trifft. Zu Beginn gibt es nur schwache Variationen im Elektroneninhalt. Nach ca. einer Stunde steigt dieser rasant an. Dabei steigt der totale Elektroneninhalt um bis zu 50% seines Originalwertes. Nach Erreichen des Maximalwerts fällt der Elektoneninhalt langsam wieder ab.

Außerdem lässt sich auch der totale Elektroneninhalt entlang des Radiostrahls messen. Der Elektroneninhalt führt zu einer Laufzeitverzögerung (im Vergleich zur Ausbreitung im leeren Raum) des Radiosignals zwischen Erde und Raumsonde. Misst man die Differenz der Laufzeiten des X- und des S-Band Signals, lässt sich daraus der absolute Wert des Elektroneninhalts bestimmen. Daraus lässt sich die Elektronendichte in der Sonnenkorona ableiten. Die Ergebnisse zeigen, dass diese mit abnehmendem Abstand zur Sonne generell zunimmt. Ausnahmen bilden koronale Löcher und Streamer-Regionen. Über koronalen Löchern wird in der Regel eine verringerte Elektronendichte gemessen. Koronale Löcher sind Quellen des sogenannten schnellen Sonnenwindes (~800 km/s). Koronale Streamer bilden sich über aktiven Regionen auf der Sonnenoberfläche aus und zeichnen sich in der Regel durch eine stark erhöhte Elektronendichte aus. Aus diesen Streamern können häufig koronale Massenauswürfe entstehen.

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Abbildung 4: Diese Abbildung zeigt wie der totale Elektroneninhalt mit dem Abstand zu Sonne variiert. Über mehrere Jahre bleibt der Verlauf sehr ähnlich, was dafür spricht, dass die Plasmadichte im Sonnenwind nicht vom 11-jährigen Aktivitätszyklus der Sonne abhängt. (Quelle: …)

Im beschriebenen Zwei-Weg-Modus dieser Messungen gibt es zwei räumlich voneinander getrennte Signalwege. Einmal das sogenannte Uplinksignal von der Bodenstation zur Raumsonde und das sogenannte Downlinksignal von der Raumsonde zur Bodenstation zurück. Da sich sowohl die Bodenstation als auch die Raumsonde sehr schnell im Weltraum bewegen während sich die Signale ausbreiten, liegen diese nicht exakt in einer Linie. Daher wird eines der beiden Signale vor dem anderen von einem sich ausbreitenden koronalen Massenauswurf getroffen. Dieser Zeitunterschied lässt sich aus den aufgezeichneten Daten ablesen. Mittels bekannten Informationen über die Position der Bodenstation und der Raumsonde kann man schließlich Rückschlüsse auf die Ausbreitungsgeschwindigkeit dieser Massenauswürfe ziehen.

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